Eurythmie - man gönnt sich ja sonst nichts

Eurythmiekurs an unserer Schule für Eltern und Gäste
Mit der Eurythmielehrerin Svea Rossow und der Pianistin Lora Soudbin

Sicher wissen Sie es alle oder vielleicht auch noch nicht: Jeden Montag gibt es an unserer Schule eine Stunde Luxus pur für Körper, Geist und Seele, eine Stunde Jungbrunnen für die Sinne und Bewegungskunst vom Feinsten - Eurythmie. Zum Mitmachen für waghalsige, neugierige, genusssüchtige oder sonstwie abenteuerlich veranlagte interessierte Menschen, die es wissen wollen, nämlich: Was ist, wozu braucht man, wie funktioniert, wie wirkt und wie fühlt sie sich an, diese Eurythmie? Für unsere Kinder eine Selbstverständlichkeit in der Schule, für uns Eltern bei Aufführungen zwar oft schön anzusehen, aber im Grunde etwas mysteriös. Ein seltsames zusätzliches Unterrichtsfach oder Kern aller pädagogisch-didaktischen Waldorfschul-Bemühungen? Es ist nicht Turnen, nicht Tanz - was dann? Eine Bewegungskunst, also eine Kunstform, ein Teil oder vielleicht der grundlegende Teil der anthroposophischen Erziehungskunst? Apropos Erziehungskunst, das hieße ja frei nach Joseph Beuys "Jeder Lehrer ist ein Künstler"; voran der Eurythmiekunst-Lehrer, der das Feld bereitet und bereichert für den Rechenkunst-Lehrer, den Schreibkunst-Lehrer, den Biologiekunst-Lehrer ...? Denn "es ist aber Eurythmie eine besondere Hilfe für die Willenserziehung" und "ein Erziehungsmittel in die Wahrhaftigkeit hinein" und man hat "manchmal überraschende Resultate erreicht in der Verbesserung körperlicher oder seelische Fehler" und ... - na, lesen Sie selbst von Rudolf Steiner: Das pädagogische Element der Eurythmie, Oxford 19. August 1922, zu finden in dem Taschenbuch Eurythmie aus dem Gesamtwerk. Sie finden auch etwas zum Thema in unserer umfangreichen Schulbibliothek.

Ach so, Sie wollten gar nicht lesen, sondern das Besondere hautnah erleben und Ihre ganz eigenen praktischen Erfahrungen machen? Stimmt, ich hatte es eingangs empfohlen, und es gibt ja bekanntlich nichts Gutes, außer man tut es. Es erwartet Sie eine immer freundliche, geduldige, fantasievolle und vor allem nachsichtige Dame - ja, Nachsicht braucht man beim Hineinstolpern aus dem Alltag in die Eurythmie. Da knacken denn auch mal die Gelenke, kracht es im Gebälk und rieselt der Kalk aus der Wirbelsäule anfangs bei kleinen Erwärmungs- und Lockerungsübungen. Danach gibt es Übungen mit Stäben oder Kugeln, Lautübungen, Formenlaufen zu Gedichten und vieles andere mehr. Im zweiten Teil der Stunde erhöht sich der Luxus dann noch, da bemühen sich schon zwei Damen um Sie, denn es kommt noch Klaviermusik für die Toneurythmie hinzu. Das sind Übungen zum Beispiel mit einer Tonleiter, mit Intervallen, Takt und Rhythmus, außerdem werden Formen zu klassischen und modernen Musikstücken erarbeitet.

Nach den ersten kleinen körperlichen Entkalkungsproblemen der Anfangsübungen fordern Sie dann auch noch die Probleme der Bewusstseins-Entkalkung heraus. Da gibt es schon mal schwarze Löcher im räumlichen Vorstellungsvermögen, Knoten im richtigen Rhythmus- und Taktempfinden sowie sonstige Schwierigkeiten aller Art mit unseren Gewohnheiten zuwiderlaufenden unkonventionellen Bewegungsanforderungen. Und vor allem die allgegenwärtige, manchmal kaum zu beantwortende Frage: Wo ist rechts, wo ist links?

Aber lassen Sie sich nicht abschrecken von der hier etwas anstrengend erscheinenden Darstellung Ihrer Luxus-Stunde, denn das scheint nur so! Schließlich schaffen unsere Kinder das bereits ab der 1. Klasse lässig, und da sollten ihre Eltern weniger hinkriegen als sie? Das wäre doch ...! Zum Glück sehen uns die eigenen Kinder ja nicht, wir können ganz unbefangen sein. Wie gesagt, Nachsicht gibt es reichlich und taktvoll. Und oft unverhofften Spaß an immer neuartigen Verwirrungen mit Stäben, Füßen und Armen. Wenn wir dann aber nach längerem Arbeiten zum Beispiel an der gestischen Gestaltung eines Walzers von Edvard Grieg diese eben mit viel Mühe im Raum umgesetzt haben, innerlich stark zweifelnd an der Schönheit unserer Ausführung, und es kommt von Frau Rossow ein lächelndes "Schööön!" - dann gibt es Momente, wo man plötzlich merkt: Ja, das ist schön, wirklich, und es ist eine Ahnung von etwas geistig Wahrem und Schönem. Die schwächste Durchführung eurythmischer Gebärden zu Musik oder Sprache birgt immer noch einen Abglanz des geistig-seelischen Ursprunges, Ursinnes dieser Musik oder Sprache in sich, der noch vor beziehungsweise über dem erklungenen Ton oder gesprochenen Wort steht. Unsere kleinen Versuche mit der Eurythmie ragen zaghaft in überirdisch-ewige Teile des Menschen hinein wie die Hörnlein einer Schnecke ins Sonnenlicht - bis jemand daraufklopft oder man sich von allein wieder in das beliebte und praktische Schneckenhaus des oft allzu irdischen Daseins zurückzieht. Husch, ist man drin, aber ehe man wieder herauskommt - das kann lange dauern, schwerfallen oder gar vergessen werden. Für die Seele ist Eurythmie wie für die Schnecke der Salat - beide werden aus ihrem Hause herausgelockt ans Geistes-Sonnen-Licht und finden dort ihre Nahrung zum Leben. Sie glauben mir das alles nicht so recht? Brauchen Sie auch nicht - man sollte sowieso nicht einfach glauben, sondern wissen, und das Wissen kann man erfahren und lernen, zum Beispiel über learning by doing Eurythmie, ganz einfach.

Wir sind zurzeit ein relativ fester Kreis von fünf bis sieben Menschen und können gern noch mehr werden. Wer wagt, gewinnt (hier immer!), und der Terminkalender birgt manchmal noch unentdeckte Lücken in sich. Übrigens nehmen Ihre vielleicht noch kleineren Schulkinder diese Abwesenheit der Mutter oder/und des Vaters am Montag Abend meist gelassener hin als andere Abwesenheiten, weil sie es toll finden, dass ihre Alten Eurythmie machen - genau wie sie selbst. Da können sie mitreden und fühlen sich schon echt kompetent ihren Anfänger-Eltern gegenüber ... So gehts manchmal mit den lieben Kleinen, die nicht selten mehr können als wir Großen, man kennt das und es ist ja auch gut so.

Eurythmiekurs: montags 19.30 - 20.30 Uhr im großen Eurythmiesaal
Kosten: 5 Euro pro Person und Stunde
Anmeldung telefonisch bei Svea Rossow 44 00 82 92

Astrid Hellmundt (ÖK)

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